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Astrophysik: Tosen im Weltall

21.01.2025

Rekord: Ein internationales Team hat extreme Stürme gemessen, die mit Überschallgeschwindigkeiten rund um den Äquator eines Exoplaneten rasen.

Tornados, Zyklone und Hurrikans richten auf der Erde verheerende Schäden an, aber Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nun planetare Winde in einer völlig anderen Größenordnung entdeckt, und zwar weit außerhalb des Sonnensystems, auf dem Exoplaneten WASP-127b, einem Gasriesen. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 33.000 km/h bilden die Winde den schnellsten Jetstream seiner Art, der jemals auf einem Planeten gemessen wurde.

Rekord

Die künstlerische Darstellung von WASP-127b, einem riesigen Gasplaneten, zeigt die neu entdeckten Überschall-Jetwinde, die um den Äquator des Planeten zirkulieren. Mit einer Geschwindigkeit von 33.000 Kilometern pro Stunde ist dies der schnellste Jetstream seiner Art, der jemals im Universum gemessen wurde.

© ESO/L. Calçada

Seit seiner Entdeckung im Jahr 2016 untersuchen Astronominnen und Astronomen das Wetter auf WASP-127b, der sich über 500 Lichtjahre von der Erde entfernt befindet. Der Planet ist etwas größer als der Jupiter, hat aber nur einen Bruchteil seiner Masse. Dadurch erscheint er „aufgebläht“. Ein internationales Team unter Beteiligung von LMU-Astronom David Cont hat nun gemessen, dass den Äquator von WASP-127b Überschallwinde umkreisen.

„Ein Teil der Atmosphäre dieses Planeten bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit auf uns zu, während sich ein anderer Teil mit derselben Geschwindigkeit von uns wegbewegt“, sagt Lisa Nortmann von der Universität Göttingen, Hauptautorin der Studie. „Dieses Signal zeigt uns, dass um den Äquator des Planeten ein heftiger Überschall-Jetwind weht.“

Mit 9 Kilometern pro Sekunde (entspricht fast 33.000 Kilometern pro Stunde) bewegen sich die Jetstreams fast sechsmal so schnell, wie der Planet rotiert. „Das ist etwas, das wir noch nie zuvor gesehen haben“, sagt Nortmann. Es handelt sich um den stärksten Sturm, der jemals in einem Jetstream gemessen wurde, der rund um einen Planeten zirkuliert. Im Vergleich dazu befand sich der schnellste Wind, der jemals im Sonnensystem gemessen wurde, auf dem Neptun. Er wehte „nur“ mit 0,5 Kilometern pro Sekunde (1800 Kilometer pro Stunde).

Die Entdeckung machten die Forschenden mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile. Sie bietet einzigartige Einblicke in die Witterungsbedingungen einer fernen Welt.

Im Einsatz

Das VLT-Teleskop der ESO im Betrieb, der Laserstrahl dient zur Justierung. Im Bild zu sehen sind die vier 8,2-Meter-Teleskop-Einheiten auf der Plattform am Cerro Paranal in der Atacamawüste im Norden Chiles.

© Paper: ESO/S. Brunier

Kühle Pole

Das Team kartierte das Wetter und die Zusammensetzung von WASP-127b mit dem CRIRES+-Instrument am VLT der ESO. Durch die Messung, wie sich das Licht des Muttersterns durch die obere Atmosphäre des Planeten ausbreitet, gelang es ihnen, seine Zusammensetzung zu ermitteln. Ihre Ergebnisse bestätigen das Vorhandensein von Wasserdampf- und Kohlenmonoxidmolekülen in der Atmosphäre des Planeten. Als sie jedoch die Geschwindigkeit dieses Materials in der Atmosphäre verfolgten, fanden sie – sehr zu ihrer Überraschung – zwei benachbarte Höchstwerte. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass sich eine Seite der Atmosphäre mit hoher Geschwindigkeit auf uns zu und die andere von uns weg bewegt. Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass starke Jetstream-Winde um den Äquator dieses unerwartete Ergebnis erklären würden.

Bei der Erstellung seiner Wetterkarte stellte das Team außerdem fest, dass die Pole kühler sind als der Rest des Planeten. Es gibt auch einen leichten Temperaturunterschied zwischen der Morgen- und der Abendseite von WASP-127b. „Das zeigt, dass der Planet komplexe Wettermuster aufweist, genau wie die Erde und andere Planeten unseres Sonnensystems“, erklärt Fei Yan, an der Studie beteiligter Professor an der University of Science and Technology of China.

Wetter auf fernen Planeten

Die Forschung auf dem Gebiet der Exoplaneten schreitet rasch voran. Bis vor wenigen Jahren konnten Astronominnen und Astronomen nur die Masse und den Radius von Planeten außerhalb des Sonnensystems messen. Heute ermöglichen Teleskope wie das VLT den Wissenschaftlern bereits, das Wetter auf diesen fernen Welten zu dokumentieren und ihre Atmosphären zu analysieren. „Das Verständnis der Dynamik dieser Exoplaneten hilft uns, Mechanismen wie die Wärmeverteilung und chemische Prozesse zu erforschen, unser Verständnis der Planetenbildung zu verbessern und möglicherweise Licht in die Ursprünge unseres eigenen Sonnensystems zu bringen“, sagt LMU-Astronom David Cont, Mitglied im Exzellenzcluster ORIGINS und Mitautor des Artikels.

Studien wie diese können derzeit nur von Observatorien auf dem Erdboden durchgeführt werden, da die Instrumente, die derzeit in Weltraumteleskopen zum Einsatz kommen, nicht über die erforderliche Geschwindigkeitspräzision verfügen. Das Extremely Large Telescope der ESO, das in der Nähe des VLT in Chile gebaut wird, und sein ANDES-Instrument werden es Forschenden ermöglichen, noch tiefer in die Wettermuster auf weit entfernten Planeten einzutauchen. „Das bedeutet, dass wir wahrscheinlich noch feinere Details der Windmuster bestimmen und diese Forschung auf kleinere Gesteinsplaneten ausweiten können“, sagt Nortmann.

Lisa Nortmann, Fabio Lesjak, Fei Yan, David Cont et al., CRIRES+ transmission spectroscopy of WASP-127 b. In: Astronomy & Astrophysics 2025.

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